Steiermark – Angeln in Österreich
Steiermark wir kommen!
Es ist 2:37 Uhr morgens am 8. September als ich die Hochzeit eines befreundeten Paares verlasse. Es regnet in Köln und die angedachte Zurückhaltung an der Bar ist fehlgeschlagen. Ich steige in einen schwarzen Ford Ranger, nur um diesen gleich wieder zu verlassen, stolpernd renne ich die Treppe zum Festsaal hoch, an die Bar und bestelle noch schnell zwei Kölsch für die lange Fahrt nach Österreich. Im Auto warten Markus und Philipp belustigt, verzweifelt oder mitleidig grinsend auf meine Wenigkeit. Markus muss fahren, Philipp hat Durst. Auf der A3 ist kein Stau und so können wir gegen 5 Uhr morgens unseren ersten Stop einlegen, um uns für die Weiterfahrt zu stärken. Das goldene M hat seine Verlockung nicht verfehlt und nach einem kurzen Mahl geht es wieder zurück ins warme Auto. In Österreich komme ich wieder zu mir. Wow, hier ist es echt verdammt schön! – denke ich und bemerke erst dann den leichten Schwindel und den Schmerz in meinem Kopf. Nur noch schnell über den nebeligen Sölkpass und dann sind wir da, im schönen St. Peter am Kammersberg in der Steiermark.
Unsere Unterkunft
Gegen 11:30 Uhr betrete ich nur knapp neben einem große Kuhfladen das Österreichische Hoheitsgebiet. Wir sind zu Gast bei der Familie Gänser vulgo Adambauer in einer sehr schönen Fischerhütte. Der Straßenname „Schattenseitenweg“ wird der Abgelegenheit allerdings nicht im entferntesten gerecht, so hatten wir es uns gewünscht. Unsere Unterkunft verfügt über einen eigenen Fischteich und liegt direkt am schönen Katschbach, den wir in den kommenden Tagen auch befischen werden.
Überraschung!
Wir inspizieren den Fischteich und entladen im Anschluss das Auto. Noch bevor Philipp und ich eine Tache ausgepackt haben, schwimmen unsere Spoons bereits durch den Fischteich. Dass es Stunden oder Tage gibt, wo man auf Spoons nicht so gut fängt ist uns bewusst, auch dass es in sehr klarem Wasser schwierig sein kann. Dass es allerdings Forellen und Saiblinge auf diesem Planeten gibt, die einen Spoon nicht als potentielle Nahrung erkennen, war uns bis dahin nicht bekannt. Ich greife eine Woche vorweg und es ist kein Witz, wir hatten nicht einen einzigen Biss auf unsere Spoons! In einer Woche nicht einen!
Erlösung durch die Trout-Worms
Wir können nur von Glück sprechen, dass Paladin uns vor unserer Reise noch eine große Ladung Trout-Worms zugeschickt hat, denn diesen Köder nehmen die Fische. Gefischt am Cheburashka System oder einem kleinen Haken beschwert mit Tungsten, sehen die kleinen Fecherköder im Wasser wirklich überragend aus. So können wir immerhin zwei Fische landen, um uns dann dem restlichen Gepäck zuzuwenden.
Katschbach
Der Katschbach ist ein recht unbekanntes Gewässer in der Steiermark. Gibt man diesen Bach bei Wikipedia ein, so wird man gleich zur Eingabe von Informationen aufgefordert, da es keinen Eintrag zu diesem Gewässer gibt. So ist es ein Urlaub voller Überraschungen, denn nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, steht erstmal eine Begutachtung des Katschbach auf dem Plan. Die ersten Eindrücke „verdammt fließt dieser Bach schnell“ und „wie soll man hier ans Wasser kommen“ stellen sich umgehend als ziemlich große Hürden heraus. Die zu befischende Strecke ist beidseitig stark bewachsen. Stacheldraht und Weidezäune versperren den Weg ans Wasser. Bis zu zwei Meter tief ausgespülte wechselnde Rinnen an den Uferseiten machen das Waten fast unmöglich. So bleiben von den ca. 1,5 km Fließstrecke nur Rund 5%, die befischbar sind. Dies ist nach den Spoons die nicht als Futter erkannt werden der nächste Rückschlag. Als Hotspot stellen sich die zwei Brücken heraus, von denen man einige Meter des Katschbach zumindest bedingt gut beangeln kann.
Ernüchterung setzt ein
Die ersten Tage sind ernüchternd. Nicht das eine Ernüchterung nach der harten Hochzeitsfeier nicht von Nöten wäre, angeltechnisch waren meine Vorstellungen allerdings andere. In den ersten drei Tagen können Philipp und ich keinen einzigen Fisch in den Naturgewässern fangen. Aus Frust setzen wir uns jeden Abend mit einem Bier und Bienenmaden an unseren Fischteich und fangen so immerhin jeden Tag ein paar Fische. Für die vorgefundenen Gewässer fehlt es uns an Ausrüstung und Know-how. Meine Fliege von einer Brücke aufs Wasser zu legen und diese abtreiben zu lassen, fühlt sich für mich so falsch an, dass ich dieser Angelei nicht frönen kann. Markus kann am dritten Tag immerhin eine schöne Regenbogenforelle von einer der Brücken fangen. Meine Stimmung ist am Tiefpunkt angelangt.
Etrachsee
Es ist keine heldenhafte bzw. glorreiche Entscheidung, aber wir müssen etwas ändern und so entscheiden wir uns an den Etrachsee zu fahren und unsere Belly Boote ins Wasser zu lassen. Der Etrachsee ist ein reiner Catch&Release Bergsee, eingefasst in ein wunderschönes Bergpanorama. Hier wimmelt es nur so von Saiblingen und Forellen. Von einem der Stege am Restaurant kann man eine ganz entspannte ca. 80 cm große Bachforelle beobachten, die sich an das Ende der Nahrungskette in diese See vorgearbeitet hat. Vielleicht können wir hier ja einige schöne Fische fangen. Das „vielleicht“ weicht schnell, denn schon bei den ersten Würfen zappeln kleine Saiblinge an unseren Fliegen. Es ist eine einfache, aber wunderbare Abwechslung zu den Vortagen. Vor allem zum Abendsprung hin, kann man hier magische Momente erleben. Die gefangenen Fische sind im Durchschnitt nur ca. 30 cm groß, aber dennoch macht es mit der Trockenfliege unheimlich viel Spaß diesen See zu befischen. Vor allem die Belly Boote zahlen sich aus, denn gerade in der Mitte des Sees werden die Fische dann doch etwas größer. Für die Mittagspause bietet sich das kleine Restaurant direkt am See an. Hier gibt es traditionelle Gerichte und Getränke deren Zutaten zum größten Teil aus der direkten Umgebung stammen.
Mur
An unserem fünften Tag entschließen wir uns an die Mur zu fahren. Die Mur ist der größte Fluss in der Umgebung und beherbergt eine Vielzahl von kapitalen Salmoniden. Große Teile des Gewässers sind in Privatbesitz und so bleibt dem Gast nur eine kurze Fließstrecke und zwei Staustufen, die befischt werden dürfen. Immerhin darf man den kompletten 2,5 km langen Abschnitt mit dem Belly Boot befahren. Die Rekord-Bachforellen aus der Mur in der Steiermark wog immerhin 15,6 kg und hatte eine Länge von 105 cm. Wir hoffen also weiter auf einen größeren Fisch, zumal in der Mur ein Mindestmaß von 40 cm für alle Forellen und Saiblinge gilt.
Mit dem Belly Boot auf der Mur
Wir entscheiden uns für die untere Staustufe, da man hier den etwas enspannteren Einstig wählen kann. Da wir nur mit der Fliege fischen dürfen und überall Fische steigen, entscheiden Philipp und ich uns für eine Trockenfliege. Vielleicht der größte Fehler in diesem Urlaub. Im Nachhinein gehe ich davon aus, dass eine Nymphe oder ein Streamer die bessere Wahl gewesen wäre. Wir bekommen Bisse, jedoch nur von kleinen Fischen und auf Grund der Position von unseren Belly Booten zum Köder, bekommen wir fast keinen Fisch gehakt. Erst als ich im unteren Streckenabschnitt auf eine Nassfliege wechsel, stellt sich der Erfolg ein. Doch auch die Mur offenbart uns keine großen Fische.
Pilze und Saiblinge
Ich hätte den Fehler an der Mur vom Vortag gerne wett gemacht, doch in einer demokratischen Abstimmung fällt die Entscheidung für unseren letzten Angeltag wieder auf den Etrachsee. Markus geht in die Pilze, Philipp und ich in die Saiblinge. Es läuft wie zwei Tage zuvor. Wir fangen viele Fische in eher mäßigen Größen und verbringen einen schönen letzten Tag in den Bergen der Steiermark.
Fazit
Philipp und ich waren zum ersten Mal zum Angeln in der Steiermark. Es mag blauäugig gewesen sein, mit so wenig Vorkenntnissen in ein so weitläufiges und schwieriges Gebiet zu fahren. Auch die Zeit hat bei der Vorbereitung eine große Rolle gespielt. Diese war nämlich für keinen von uns vorhanden, um eine fundierte Vorbereitung durchzuführen. Es gab einige Überraschungen, viele Rückschläge und keine großen Fische. Wer weiß, eventuell kommen wir nochmal wieder in die Steiermark und kennen uns besser aus. Generell rate ich definitiv zu einem professionellen Guiding um die Gewässer im Urlaub einmal kennen zu lernen. Wir hatten dennoch eine schöne Zeit an unserem Fischteich und in den wunderschönen Bergen der Steiermark.